1

Spontaner „Ausflug“ auf eigene Faust

Nun hatte ich die erste Woche meiner Sommerferien in Kapstadt verbracht – und das nicht gerade schlecht. Doch waren es noch fast zwei Wochen bis mein Homestay in Bulungula beginnen würde. Entscheidungsfreude war gefragt und so stand ich eines Morgens auf mit dem Gedanken, an dem Tag mal im Namibischen Tourismuszentrum in Kapstadt vorbeizuschauen. Sechs Stunden später hielt ich mein Busticket nach Windhoek in der Hand – für den nächsten Morgen. In Laufe des Tages hatte ich also in kürzester Zeit genug geregelt, um am nächsten Tag abfahren zu können: Ich hatte eine Vorstellung davon, wie ich nach Namibia kommen und wie ich in Namibia umherreisen könnte, wo ich unterkommen würde und was ich sehen wollte. Eine Unterkunft hatte ich mir vorerst nur für die ersten zwei Nächte gebucht, denn ich hatte die Hoffnung, dass ich mich, wenn erst einmal in Windhoek, irgendwelchen spontanen unkomplizierten aber unternehmungslustigen Reisenden anschließen könnte und so auf kostspielige und aufwändige Anschaffungen wie Mietwagen oder Zelt verzichten zu können. Die Hinreise mit dem Bus hat prima geklappt. Die Fahrt dauerte fast 24 Stunden und ein Großteil der Strecke führt durch fast unbesiedeltes Land. An der Grenze gab es keine Probleme, wenn es auch für mich als Schengen-verwöhnten Europäer ungewohnt lange gedauert hat.

Weite Ebene

Dieser Anblick bietet sich dem Reisenden, nachdem er Afrika durchquert hat und auf Kapstadt zufährt. Er ahnt schon, es kommt nicht mehr viel in dieser Richtung, das Ziel ist nah.

Windhoek

In Windhoek angekommen, es war der 23. Dezember, wurde ich sogleich von Bettlern bestürmt. Erstaunlicherweise bin ich aber außer diesen ersten am Busparkplatz später in ganz Namibia keinem klassischen Bettler mehr begegnet. Das Backpackers, bei dem ich die ersten zwei Nächte übernachten würde, war sehr zentral gelegen und relativ leicht zu finden. Geld umtauschen brauchte ich nicht, weil ich in Namibia auch mit Südafrikanischem Rand bezahlen konnte und außerdem direkt Namibia-Dollar am Geldautomaten abheben konnte – einmal hat mir ein Geldautomat tatsächlich auch Rand ausgegeben.

Windhoek

Windhoek vom Parlamentsgebäude aus

In Windhoek kann man (mit meiner Interessenlage) schon einiges erleben. Es gibt Museen und Märkte, Ausstellungen und schöne Natur zu sehen. Ich fand es schon allein aufregend, mich mit einem mal ohne jemanden bekannten in ein unbekanntes Land geworfen zu haben, in dem die Dinge doch ein wenig anders laufen als ich sie kannte. Die meisten institutionellen Sehenswürdigkeiten hatten leider geschlossen – kein Wunder, hatte ich mit meinem Aufenthalt genau die Weihnachtstage getroffen. Außerdem war scheinbar der Großteil der Windhoeker Bevölkerung ans Meer nach Swakopmund oder Kapstadt gereist, Gäste gab es auch kaum. Das machte die Stadt und meinen Aufenthalt recht ruhig.

Parlament

Der Tintenpalast, das namibische Parlament

Vorort

Wohlhabende Vororte von Windhoek

Ausblick

Ausblick von einem der vielen Hügel um Windhoek

Reiterdenkmal und Alte Feste

Reiterdenkmal und die Alte Feste, ein Erbe der deutschen Kolonialzeit

Alte Feste und Nationalmuseum

Vorne die Alte Feste, das alte Nationalmuseum, hinten das neue Nationalmuseum

Meteoriten

Meteoriten-Ausstellung in der Innenstadt

Erst habe ich die Windhoeker Sammeltaxen benutzt, doch schon nach kurzer Zeit hatte ich keine Probleme mehr, mich zu Fuß im Zentrum von Windhoek zu bewegen. Ich fühlte mich sicher, hatte nur ein Problem mit der extremen Sonneneinstrahlung. Dafür merkte ich, wie sehr es mich forderte, im Urlaub jeden Tag einkaufen gehen und die nächsten Tage planen zu müssen. Und das über Weihnachten, wo in Windhoek praktisch nichts offen hatte. Mich plagten die Sorgen, dass mir einerseits die Zeit davon rennt, wenn ich noch etwas in der Natur erleben möchte (ich dachte an Sossusvlei, eine gewaltige Düne), und dass ich andererseits für die nächsten Tage zum Teil noch keine Unterkunft hatte. Vielleicht der Preis der Spontanität?

Mir hat das Back Packer Unite in der Grieg Street sehr gut gefallen. Es herrschte eine sehr lockere und fast familiäre Atmosphäre. Ich habe interessante Leute aus halb Afrika getroffen. Leider war niemand dabei, der vorhatte, in den nächsten paar Tagen weiter in die Natur zu reisen und mich mitnehmen konnte. Daher habe ich mich entschlossen, nach Swakopmund weiterzufahren und es dort erneut zu probieren. 120 Namibia-Dollar pro Übernachtung mit Frühstück im Mehrbettzimmer scheinen für namibische Verhältnisse auch relativ günstig zu sein.

Bett

Mein Bett im Backpackers

Am Weihnachtstag (25.12.) gab es bei strahlendem Sonnenschein und angenehmer Wärme ein großes Weihnachtsbuffet im Freien. Einmal wurde sogar meine Wäsche gewaschen, ohne Aufpreis. Als ich Schwierigkeiten beim Planen meiner weiteren Reise hatte, war es kein Problem, spontan noch eine Nacht länger zu bleiben. Hatte ich mich schließlich entschlossen, nach Swakopmund weiterzureisen, habe ich mit Hilfe des Backpackers dort eine günstige Unterkunft gefunden.

Swakopmund

Nachdem ich Windhoek zu einem gewissen Grad erkundet hatte, machte ich mich an die Planung meiner weiteren Reise. Mit der Eisenbahn bin ich weiter nach Swakopmund an die Atlantikküste gefahren. Die Zugfahrt war ein schönes Erlebnis.

Züge

Ausstellung verschiedener Züge auf dem Bahnhofsvorplatz von Windhoek. Ich bin in Waggons wie den blauen ganz hinten gefahren.

Küste

In Swakopmund am Atlantik

Leuchtturm

Der Leuchtturm von Swakopmund

Das Skeleton Beach Backpackers in Swakopmund war ebenfalls ein Erfolg. Es gehört denselben Eigentümern wie das Backpackers in Windhoek. Da es, wie scheinbar ganz Swakopmund zu der Zeit, vollbelegt war, hat mir das Backpackers ein Zelt in den Garten gestellt, in dem ich übernachten konnte. Ich hatte mir nur für zwei Nächte eingemietet und für die ging es ganz gut, aber sonst ist Zelten nicht mein Fall.

Bedauerlicherweise habe ich auch in Swakopmund niemanden getroffen, dem ich mich hätte für eine weitere Reise anschließen können. Gegen Ende meines Aufenthalts dort hatte ich den Plan mehr oder weniger aufgegeben.

Sandstraße

Deutschland in klein und in der Wüste

Keep our desert clean!

In der Wüste bei Swakopmund bin ich Quad und Sandboard gefahren. Anfangs kam ich mit dem Quad nicht von der Stelle, aber bald hat es mir wirklich Spaß gemacht. Allerdings musste ich zusehen, wie ein anderer Teilnehmer in meiner Tour sich mit seinem Quad überschlagen hat und verletzt zurück in die Stadt gebracht werden musste. Sandboarding hat mir nicht so gut gefallen, weil man, wie beim Schlittenfahren, nach einer schnellen Abfahrt sich selbst und das Brett wieder die Düne hochschleppen muss – und das wurde mir auf die Dauer ziemlich anstrengend.

Auf dem Sandboard

Die Düne hinauf

Sandboard

Insgesamt kann ich aber sagen, war es richtig, es mal ausprobiert zu haben – ich habe ja nicht alle Tage die Möglichkeit dazu.

Da mir vom Gebrauch von Taxis abgeraten wurde, war ich vor allem zu Fuß unterwegs. Die meisten interessanten Einrichtungen hatten „nur“ bis 17 Uhr offen und ich musste mich selbst versorgen, was dazu führte, dass ich einige eigentlich interessante Sachen verpasst habe, weil ich nicht genug Zeit hatte. Ein bisschen schade.

Walvis Bay

Am Morgen meines dritten Tages in Swakopmund erfuhr ich dann überraschend, dass meine Herbergseltern das Zelt ab der nächsten Nacht an jemanden anderen vermietet hatten. Im Notfall könne ich auf dem Sofa schlafen. Aber da in Walvis Bay, etwa 30 km von Swakopmund entfernt, sicher noch Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung ständen, sollte ich doch am besten dort vorbeischauen. Den Rest des Tages habe ich dann nicht gut organisiert: Ich bin mit dem Sammeltaxi (ähnlich wie in Windhoek, aber organisiert von meinem Herbergsvater – ich war ohne Afrikaans-Kenntnisse völlig hilflos) nach Walvis Bay zur Touristeninformation gefahren. Dort wurde mir eine Unterkunft gesucht, was auch sehr schnell und unkompliziert war. Ich hatte ein Vierbettzimmer für mich alleine. Nun hatte ich aber, nicht wissend, ob ich in Walvis Bay wirklich eine Unterkunft finden würde, mein Gepäck noch im Backpackers in Swakopmund gelassen. Hin und her zu fahren, stellte ein größeres Problem dar als erwartet. Mich hat ein Bekannter meiner Herbergsmutter in Walvis Bay mit seinem Privatwagen zurückgefahren, wo ich mir ja auch noch etwas zu essen beschaffen und mich um Bulungula kümmern musste.

Schließlich musste ich noch mein Gepäck vom Backpackers abholen. Zum Glück hat mir ein anderer Gast wieder die Fahrt mit dem Taxi organisiert. Ich hatte mich dazu entschlossen, am nächsten Abend wieder nach Windhoek zurückzufahren und dort noch eine Nacht zu bleiben, bevor ich wieder nach Kapstadt zurückfahren würde. So war mein Tag gefüllt mit Buchungen für den Zug und die Busse. Bevor mein Zug um 19 Uhr fahren würde, habe ich noch einen Spaziergang an der namensgebenden Bucht in Walvis Bay unternommen. Obwohl die Sonne fast im Zenit stand, habe ich gefroren. Das Wetter erinnerte mich an die Nordsee zur gleichen Zeit: grau, kalt und windig.

Bucht

Hochsommer in Walvis Bay

Ich freute mich schon auf die Zugfahrt, diesmal in der „Business-Class“ (ebenfalls Sitze, keine Liegen). Die war sehr entspannt und der Zug kam pünktlich am Morgen des 31.12.2011 in Windhoek an.

Nochmal Windhoek

Erneut im Back Packer Unite einquartiert, traf ich auch einige bekannte Gesichter wieder. Mehr als das alte Jahr, wegen der Zeitverschiebung das kürzeste in meinem Leben, und meine Zeit in Namibia ruhig ausklingen lassen und natürlich ein bisschen Proviant für die Rückreise kaufen, wollte ich jetzt gar nicht mehr. Das Wetter in Windhoek war mal wieder brillant. Am 1.1. gegen 13:00 Uhr erlebte ich zum ersten Mal bewusst, wie die Sonne über mir im Zenit stand.

Zenit

Versuche, den Zenitstand auf Fotos festzuhalten

Zenit II

Nach weiteren 22 Stunden Busfahrt stand ich wieder in Kapstadt am Busbahnhof und der erste der da war, um mich zu begrüßen, war natürlich ein Bettler. Manchmal macht mich Kapstadt echt aggressiv.

Namibia im Rückblick

Ich fand meine Reise zwar sehr spannend und ich habe einige neue Eindrücke gewonnen, aber sie hat mich doch ein wenig enttäuscht. Ich habe es nicht geschafft, einen Blick in die Natur zu werfen (abgesehen von den 3 Stunden Quad und Sandboarding) – aber ich kann auch nicht behaupten, mich wirklich mit Nachdruck darum bemüht zu haben. Erholsam war mein Aufenthalt auch nicht wirklich, zu sehr war er mit Sorgen über Reisen, Unterkunft und Verpflegung gespickt.

Auch für mich, der ich an einer deutschen Schule arbeite, war es erstaunlich, wie deutsch Windhoek und Swakopmund doch sind, obwohl sie von Deutschland aus am anderen Ende der Welt liegen. Nicht nur sind viele Straßen- und Gebäudenamen auf Deutsch, es sprechen auch vergleichsweise viele Leute Deutsch.

Deutsche Beschriftung

Ministry of Finance Debt Management im Gebäude der Kaiserlichen Landvermessung

Goethe-Zentrum

Goethe-Zentrum in der Fidel Castro Street

Für die paar tausend deutschsprachigen Einwohner von Windhoek gibt es sogar einen deutschsprachigen Radiosender (falls nicht sogar mehrere).

Leo-Werbung mit Slogan "Melde dich"

Werbung für einen Mobilfunkanbieter auf Deutsch

Als ich an Heiligabend mal einen afrikanischen Weihnachtsgottesdienst besuchen wollte (ich wusste nicht, dass die erst am 25.12. stattfinden), habe ich eine Kirche gefunden, die einen Gottesdienst veranstaltet hat. Ich ging hinein und merkte gleich, dass alles so typisch war, wie es auch in der Kirche in Rosdorf ist, wo ich herkomme. Es kam mir wirklich genau gleich vor. Das habe ich dann nicht länger mitgemacht und bin wieder gegangen.

Deutsche Kirche, Neues Nationalmuseum

Im Hintergrund das neue Nationalmuseum, vorne die Deutsche Kirche (in der Robert Mugabe Avenue)

In den nächsten Tagen kommt noch etwas über meinen wunderschönen Urlaub (ich glaube, Urlaub passt hier besser als bei Namibia) bei Bulungula. Bis dahin!

Viele Grüße,
Carl

Freiwillig empfehlen: Facebook || Twitter || Print-Version

Ein Kommentar zu Spontaner „Ausflug“ auf eigene Faust

  1. Kevin Weber sagt:

    Du glaubst gar nicht wie gerne ich jetzt in Südafrika wäre o.O
    Die Bilder sind super – vor allem das Foto mit den Quads finde ich absolut klasse 🙂

    Vielleicht dauert’s ja gar nicht mehr so lange, dann lande ich auch mal für längere Zeit in Kapstadt 😉

Schreibe einen Kommentar