Ich betrachte die erste Seite und denke nur noch: „What the Hell?“. Doch das ändert sich schlagartig …
Wie reagieren absolute Neulinge in der Comic-Szene, wenn sie ihren ersten Comic aus einer Fantasy-Welt lesen? Nicht jeder wächst in einem „kreativen Umfeld“ auf, wodurch er mit Comics großartig in Kontakt kommt. Viele – so auch ich – haben stattdessen ihre Zeit mit Büchern gefüllt, in denen keinerlei Zeichnungen oder Bilder enthalten sind.
Auch mit „Fantasy“ habe ich persönlich kaum Erfahrungen gesammelt. Bei „World of Warcraft“ habe ich höchstens fünf Minuten zugeguckt und bei alternativen Rollenspielen, die ich selbst „gezockt“ habe, ist der MMORPG (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game)-Zauber nach spätestens drei Wochen wieder verflogen.
Ohne jegliches Vorwissen habe ich mich also an „WarCraft: Legends – Band 1“ getraut und bin in eine für mich vollkommen neue, unbekannte Welt eingetaucht:
1. Der Gefallene
Ich hatte ein großes Problem: auf den ersten Seiten sahen die Hauptcharaktere Trag und Salamm in meinen Augen nahezu identisch aus. Erst beim dritten Mal Lesen wurde mir bewusst, welche Zeichnung welche Person darstellen sollte.
Trag, der Sohn des Gorn (als Nicht-WoW-Zocker frage ich mich: wer ist Gorn?), wurde verflucht, sodass er sich immer mehr „der dunklen Seite“ zuwendet und unverständliche Stimmen auf ihn einreden. Als er bei der Heilung von dem Fluch durch den Schamanen Salamm verraten wird, kämpft er voller Zorn gegen seinen eigenen Stamm und jagt den Verräter. Dabei versteht Trag die anfangs unverständliche Stimme in seinem Kopf das erste Mal deutlich: „töte… ihn“. Noch kann er sich dem Fluch widersetzen. Er flieht anschließend, weil seine Mordlust immer mehr zunimmt und beschützt somit die anderen vor seiner Besessenheit. Doch will er das überhaupt? […]
Eine Fortsetzung zu der Geschichte gibt es im zweiten Band: WarCraft: Legends 02
Buch: Richard A. Knaak
Zeichnungen: Jae-Hwwan Kim
2. Die Reise
Im Gegensatz zu der ersten Geschichte habe ich bei den anderen drei Kurzgeschichten auf Anhieb den Durchblick über die Handlung und die dargestellten Charaktere behalten. So hat das Lesen viel mehr Spaß gemacht und ich konnte mich vollkommen auf die Story konzentrieren…
Halsand und seine Familie bekommen auf ihrem Bauernhof Besuch von dem Adligen Maddox und seinem Gefolge. Diese sind auf dem Weg nach Andorhal, um die „Armee der Geißel“ (Armee der Untoten) aus der Stadt zu vertreiben. Der ortskundige Bauer Halsand begleitet die Truppe und seinen Sohn beauftragt er, die restliche Familie während seiner Abwesenheit zu beschützen.
Nach einem Gemetzel mit Dämonen in Andorhal stirbt die Truppe, wobei nur der Bauer überlebt – allerdings verwandelt er sich in ein Monster. Dieses „Monster“ kehrt zu seiner Familie zurück und wird vom Sohn getötet, der nicht wusste, dass es sich bei der Gestalt um seinen Vater handelt. Letztendlich hat er das einzig Richtige getan: seine Mutter vor dem Ungeheuer beschützt – wie es Halsand von ihm vor seiner Abreise verlangt hatte.
Geschichte: Mike Wellman & Troy Lewter
Buch: Troy Lewter
Zeichnungen: Mi-Young No
Hintergründe: Mi-Jung-Kang
Tusche: Mi-Young No & Mi-Jung Kang
Rasterfolie: Hyun-Hong Yook & Sook-Shik-Hong
3. Wie man beliebt und einflussreich wird
Eine Überschrift, die Lust auf mehr macht: Denn wen interessiert es nicht, welche Wege es gibt, Ansehen zu erlangen? Für mich klingt das um einiges interessanter als die zwei vorherigen Titel „Der Gefallene“ und „Die Reise“. Zum Glück handelt es sich bei den WarCraft-Bänden um Bücher und nicht um Blog-Artikel. Deshalb ist die Kritik an den wenig attraktiven Überschriften zu vernachlässigen
Die Geschichte handelt von dem Gnom und Erfinder Lazlo, der wegen seinen Tüfteleien ausgelacht wird; er ist alles andere als ein „Kämpfer“ oder ein „richtiger Mann“. Plötzlich kommt ein riesiger Troll auf die Stadt zu, den keiner aufhalten kann. Scheinbar! Lazlo fasst all seien Mut zusammen und stellt sich dem Troll. In letzter Sekunde hat er eine entscheidende Idee und es der Troll, der letztendlich um Gnade winselt. So „einfach“ kann es gehen und man ist von einem Tag auf den anderen beliebt und einflussreich.
Buch: Dan Jolley
Zeichnungen: Carlos Olivares
Tusche & Rasterfolien: Carclos Olivares, Marc Rueda & Janina Gorissein
4. Ein ehrliches Geschäft
Gut finde ich, wie abwechslungsreich die Kurzgeschichten sind! Abgesehen von dem Bezug zu WoW haben sie keinerlei Zusammenhang und behandeln Themen, die sich stark unterscheiden. Ein Beispiel gefällig? In „Ein ehrliches Geschäft“ wird eine Geschichte in der Geschichte erzählt!
Ein geheimnisvoller Mann erzählt einem Orc, den er an einen Baum gefesselt hat, in etwa folgende Geschichte:
„Es war einmal“ ein Zwerg namens Nori Blackfinger, der die besten und praktisch unzerstörbare Waffen schmiedet. Aus Geldgier zieht er in eine Hafenstadt, Booty Bay, um seinen Gewinn zu maximieren. Sein Sohn Eli hingegen unterstützte die Arbeit und Habgier seines Vaters keineswegs. Er verurteilt Nori und verlässt ihn, weil er seine Waffen rücksichtslos an alle möglichen Verbrecher verkauft. Als jedoch Nori seinen Sohn – oder besser gesagt: seinen Leichnam – vorgelegt bekommt, geht ihm ein Licht auf: Er sei der wahre Mörder seines Sohnes, da er jenen, die Eli getötet haben, die Tatwerkzeuge verkauft hatte.
Darauf sucht er alle Verbrecher auf und vernichtete die von ihm hergestellten Waffen – den Mörder seines Sohnes hält er sich für den Schluss auf …
Dieser „geheimnisvolle Mann“, der die Geschichte erzählt, ist Nori; der gefesselte Orc ist der Mörder von Eli. Nori stellt sich dem Orc mit bloßen Händen gegenüber, wohingegen der Orc von Nori das beste Schwert für einen allerletzten Kampf erhält. Zum Schluss enden beide in Flammen.
Buch: Troy Lewter
Zeichnungen: Nam Kim & Studioil
Mitarbeiter Studioil: AJ Ford 3, Ben Harvey & Shiwah Wong
Layout: J.M
Tusche: Matt Dalton, Kôsen und Alison Acton
Rasterfolie: Hon Lam Chow & Monica Kubina
Wer allerdings denkt, nach vier Geschichten sei Schicht im Schacht, was das Comic-Repertoire angeht, hat sich getäuscht: es folgt eine mehrseitige Leseprobe aus „StarCraft: Frontline – Band 1“, welche ebenfalls aus dem Hause der WarCraft-Macher stammt. Eine solche Leseprobe finde ich für Comics absolut super geeignet! Das ist gute Werbung für andere Comics und macht dem Leser auch noch Spaß. Vielleicht entscheidet er sich ja dank der Leseprobe für einen weiteren Comic …
Beachtlich, wie viele Begriffe und Namen in den Texten aus der World of Warcraft entnommen sind. Für mich als Nicht-WoW-Zocker ist das natürlich ungewohnt und ich kann mit den Namen nicht viel anfangen, weshalb ich Begriffe wie „Gorn“ oder „Geißel“ zur Sicherheit nochmal gegoogelt habe. Wobei das eigentlich egal ist: die Geschichten kann man auch ohne jegliches Vorwissen gut lesen und verstehen!
Abschließendes Fazit:
Bevor ich den WarCraft-Band gelesen habe, hatte ich Bedenken gegenüber den Comics und dem Fantasy-Genre. Wie ich feststellen musste, haben die einzelnen Erzählungen „sogar“ einen Sinn und die behandelten Themen lassen sich auf Erlebnisse aus dem „realen“ Leben übertragen. Also nichts weltfremdes, eben nur ein Hauch von WoW, der die WarCraft-Comics prägt. Dass ich bei der ersten Geschichte („Der Gefallene“) die ähnlich aussehenden Gestalten nicht auf Anhieb unterscheiden konnte, war für mich das einzige Problem, wobei der Lesefluss gravierend beeinflusst wurde. Die Geschichten waren vielseitig, aber ich hätte mir etwas mehr Handlungstiefe gewünscht, da die Inhalte relativ oberflächlich behandelt werden. Um nur ein bisschen abschalten zu können und ablenken zu lassen, sind Comics wahrlich eine gute Lösung. Ob ich mehrere Stunden am Stück in einem Comic lesen könnte, das müsste ich erst noch testen. Alles in allem kann ich sagen: mein Bild von dieser neuen, bislang unbekannten Welt ist durchaus positiv und ich hoffe bald wieder zu der Gelegenheit zu kommen, durch weitere Comics tiefer in die Materie der Comic-Szene einzutauchen
WarCraft: Legends – Band 1Seitenzahl: 192
ISBN: 978-3-86719-422-8 (bei Amazon bestellen)
Genre: Fantasy, Action
Empfehlung: ab 13 Jahren
Verlag TOKYOPOP Veröffentlicht beim Comiczeichner-Blog
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