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Ein Seminar voller Höhen und Tiefen

Vom 25. bis 29. Januar 12 durfte ich am Zwischenseminar des IB in Volmoed in der Nähe von Hermanus, etwa 150 km von Kapstadt entfernt, teilnehmen. Alle aktuellen IB-Freiwilligen in Südafrika, drei Freiwillige von anderen Organisationen und ein Teamer, Christoph, der selbst vor 22 Jahren Freiwilliger in Südafrika war und jetzt in Südafrika lebt, waren anwesend. An den fünf Tage beschäftigten wir uns mit den drei Punkten Rückblick, Ausblick und Entspannung (wozu Schlaf selbstverständlich nicht gehörte…).

Die wesentlichen Programmpunkte, die Arbeit umfassten, orientierten sich demnach stark an den Themen Rückblick und Ausblick. Dazu gehörte beispielsweise Konfliktbearbeitung, wie bei bereits bei der Inkulturationswoche [1].

Kopfzerbrechen beim Projektfluss

Nach dem lang ersehnten Wiedersehen und in Folge dessen vielen persönlichen Gesprächen begann der zweite Tag mit einem Projektfluss – ähnlich des Lebensflusses, den wir auf dem Ausreiseseminar schon kennengelernt hatten, bloß lediglich über das halbe Jahr seitdem. Ich fand den Projektfluss wesentlich weniger intensiv als den Lebensfluss auf dem Seminar ein halbes Jahr zuvor, aber trotzdem hat mir insbesondere das Plakat, was ich dazu gestaltet habe, zu Beginn sehr viel Kopfzerbrechen bereitet. Und in meinem Kopf sieht es viel schöner gemalt aus, als ich das mit meiner bescheidenen künstlerischen Fähigkeit zu Papier gebracht habe… ich hatte nichts anderes erwartet. Trotzdem: Vorbehaltlos, wenn auch nicht vollständig zu erzählen, wie es mir mit meinem Projekt geht, ohne mir selbst Vorwürfe machen zu müssen, die nicht verstanden worden wären, und dazu die Geschichte der anderen Freiwilligen, insbesondere Kathrin aus meinem Projekt, zu erfahren, das hat mir sehr gut getan.

Plakat von Carl [2]

Mein Plakat für den Projektfluss. Leider ist es zum Teil missverständlich, also interpretiert bitte nicht zu wild drauf los.

Als beide Gruppen mit dem Projektfluss fertig waren, hatten wir uns mit Bernhard, unserem Betreuer vom IB zum Skypen verabredet. In dem Moment war ich aber dermaßen über meine eigene Situation verwirrt, dass ich gar nicht wusste, was ich ihm alles sagen, ihn alles fragen wollte. Das war vielleicht auch besser so, denn mir schien, dass es bei ein paar anderen Freiwilligen erheblich dringender war, dass sie mit Bernhard sprechen wollten.

Den Freitagnachmittag haben wir in einem Niedrigseilgarten bei einer Team-Building-Übung mit verschiedenen Stationen verbracht. Ich hätte mir die Aktion etwas üppiger vorgestellt, aber schlimm war es eigentlich nicht. Ob sie etwas für den Zusammenhalt gebracht hat, kann ich noch nicht beurteilen. Spaß gemacht hat sie auf jeden Fall.

Besuch aus dem Gefängnis und Konfliktbewältigung

Gegen Abend haben wir Besuch von einem Kollegen von Christoph bekommen, der in Kapstadt mit Insassen eines Gefängnisses arbeitet, um ihnen gewaltfreie Konfliktkompetenz zu verschaffen. Mit einigen anderen Freiwilligen saß ich bis spät in die Nacht draußen und habe seiner Geschichte zugehört, wie er selbst im Gefängnis saß und wie die Situation dort ist.

Der Samstag war dann der Konfliktbearbeitung gewidmet. In Gruppen versetzten wir uns in konkrete Konfliktsituationen, die uns aktuell bei unseren Projekten beschäftigten, und übten Gespräche mit den anderen Konfliktparteien. Bisher habe ich mit meinem Chef die Situation anders (meiner Hoffnung nach näher an meinem grundlegenden Problem) angesprochen, dabei zwar zum Teil klare Antworten erhalten, aber nichts verändern können. Ich hoffe, in den nächsten Tagen und Wochen helfen mir die Erinnerung und meine Tagebuchaufzeichnungen an diese Übung weiter.

Ein Abend, wie es ihn viel zu selten gibt

Eigentlich mag ich ja weder Strand (zu viel Sand) noch gelieferte Pizza (zu viel Käse und zu viel Schmiererei), aber der frühe Abend am Strand mit Pizza und Fußball (schon wieder etwas, was ich eigentlich nicht mag, und dann auch noch barfuß) hat wirklich Spaß gemacht. Was eine Gruppe alles ausmachen kann, in der ich mich wohlfühle. Wir haben gespielt, bis es zu dunkel dafür wurde und die meisten von uns vor Erschöpfung nicht mehr konnten. Anschließend haben wir den Abend noch für Spiele drinnen genutzt – ausgiebig genutzt. Nur das nächtliche gemeinsame Lachyoga von der Inkulturationswoche hat gefehlt.

Irrgarten aus Gedanken und Gefühlen

Sonntagfrüh, kurz vor Ende des Seminars mussten wir noch dem Programmpunkt „Ausblick“ Rechnung tragen. Bei vielem, was ich mir vorgenommen habe, kann es aber passieren, dass ich es wieder über Bord werfen werde, falls mein Freiwilligendienst die Richtung komplett ändern sollte. Denn letztendlich habe ich mich auf dem Seminar in einem Irrgarten aus Gedanken und Gefühlen verloren, der sich auch bis heute noch nicht wieder gelichtet hat. Ihre Konsequenzen reichen von „alles erst mal auf mich zukommen lassen“ über „meine Aufgaben versuchen zu ändern oder zu wechseln“ und „mich am Wochenende in einem anderen Projekt zusätzlich engagieren“ bis hin zu „umziehen“ und „Projekt wechseln“. Nach wie vor weiß ich nicht, ob ich glücklich werden kann, wenn ich in meinem Projekt bleibe – wobei ich andererseits die Vorteile klar sehe und nicht weiß, ob ich glücklich damit wäre, sie aufzugeben.

Und gerade mit einem anderen Projekt, für einige Zeit mein Weg der Wahl, könnte ich natürlich genauso total falsch liegen, abgesehen davon, dass mir im Moment der Aufwand, der damit verbunden ist, für Unterkunft und Verpflegung zu sorgen (die mir ja hier vom Projekt gestellt werden), ebenfalls zu denken gibt. Für weiteres Chaos sorgt, dass ich glaube, eigentlich eine gute Herangehensweise an meine Probleme zu kennen, indem ich in einer ruhigen Atmosphäre darüber rede, meine Gefühle deutlich mache, ohne anzuklagen, und den anderen zuhöre. Doch im Ernstfall klappt das bei mir zur Zeit sehr schleppend, was sicher zum großem Teil an mir selbst liegt. Ich fühle mich wie in einem Bad aus kaltem Wasser, fürchtend, dass ich noch mehr frieren werde, wenn ich hinaussteige und der Wind mir das Wasser von der Haut weht. Daran hat auch mein Einzelgespräch mit Christoph nichts Grundlegendes geändert.

Ein wertvolles Seminar

Für mich war das Seminar, obwohl wenn es verglichen mit den IB-Seminaren leer wirkte und einige schöne Dinge wie Aktionen mit der ganzen Gruppe oder ein offenes Team fehlten, vor allem aus vier Gründen wertvoll:

Erstens habe ich endlich viele Leute wiedergetroffen, die ich lange nicht gesehen hatte. Das war sehr schön und das Seminar mit ihnen hat wirklich Spaß gemacht.
Zweitens bot es mir die Gelegenheit, meinen Freiwilligendienst mit etwas Abstand zur Arbeit „von außen“ zu betrachten und zu reflektieren.
Drittens habe ich endlich einen kleinen Einblick in die Gedankenwelt meiner Mitfreiwilligen, was unseren Freiwilligendienst angeht, bekommen, den ich vorher „nur“ bei Wolfi [3] hatte.
Und viertens habe ich dieses Mal wie alle anderen auch einen Zettel voller Mut machender Worte, Anerkennung und guten Wünsche mit nach Hause genommen – und das auf den Tag genau ein Jahr, nachdem ich zum ersten Mal bei dieser Aktion mitgemacht hatte (auf dem Auswahl- und Kennenlernseminar des IB [4]) und auch noch vorgeschlagen von der selben Person wie damals, Jana.

An dieser Stelle möchte ich mich beim IB dafür bedanken, dass er es auch uns nicht-Weltwärts-Freiwilligen ermöglicht hat, an diesem Zwischenseminar teilzunehmen, was ich nicht für selbstverständlich halte. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt.