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Ebege Germany!

Ebege Germany! La-awallah?

Das ist “Taleni”, die Sprache der Leute hier im Norden Ghanas, und bedeutet soviel wie “Guten Morgen Deutschland, wie geht es dir?“

Nun bin ich schon eine ganze Weile im Teepalig Gbeogo Waisenhaus, habe inzwischen viele nette Leute kennenlernen dürfen und eine Menge erlebt. Einige meiner ersten Abenteuer und Erlebnisse auf afrikanischem Boden veröffentliche ich an dieser Stelle und lasse euch daran teilhaben.

Doch alles der Reihe nach: Nach der Ankunft in Ghana, ein paar Tagen in Accra und dem etwa 60 Kilometer weiter westlich gelegenen Winneba hieß es für mich „Auf gen Norden!“ Zusammen mit zwei anderen (Ex-)Freiwilligen, die etwa zeitgleich mit mir für 5 Wochen nach Ghana zurueckgekehrt sind, um Gastfamilie und Freunde zu besuchen und die zuvor in Deutschland gesammelten Spenden in ihrem Projekt einzusetzen, ging es per Übernachtfahrt (circa 12 Stunden) von Accra nach Tamale, der größten Stadt des Nordens. Von Tamale habe ich allerdings bis auf Busbahnhof A und Busbahnhof B bisher wenig gesehen, weil meine beiden Begleiter und ich so schnell wie möglich (was nach europäischen Standards immer noch recht langsam ist) mit dem nächsten Bus nach Bolgatanga wollten und direkt mit dem Taxi von einem Bus zum anderen gefahren sind.

Verfallene Boote am Strand von Winneba

Verfallene Boote am Strand von Winneba

Nachdem die beiden ein paar Stationen vor mir in Wulugu ausgestiegen waren, ging es für mich noch etwa eine halbe Stunde weiter, bis ich nach anstrengender Reise endlich in Bolgatanga angekommen war. In „Bolga“, wie es die Einheimischen hier nennen, warteten auch schon Isabell und Pastor Jacob auf mich und brachten mich im Taxi nach Gbeogo ins Teepalig Waisenhaus, meiner Heimstatt und meinem Basislager für die nächsten 12 Monate. Nach einer kurzen Vorstellung der Kinder, der Räumlichkeiten, des Dorfes Gbeogo und allem drumherum ging es ab ins Bett – von der langen Reise erholen.

Mein Zimmer in Gbeogo

Mein Zimmer in Gbeogo

Die ersten zwei Tage im TG-CESCO („Teepalig Gbeogo Center for the Empowerment of StreetChildren and Orphans“, wie das ganze Projekt mittlerweile heißt) habe ich komplett mit dem Versuch zugebracht, mich an die unglaubliche Hitze zu gewöhnen und in Waisenhaus und Umgebung zurechtzufinden. Glücklicherweise hat mir Isabell beim Einleben sehr geholfen und so manches für mich Unverständliche erklärt. Die Hitze ist immer noch schwer zu ertragen, vor allem beim Versuch am Abend im vom Tag aufgeheizten Zimmer einzuschlafen.

Allmaehlich gewöhne ich mich zwar an das heiße Wetter, wenn ich allerdings bedenke dass gerade Regenzeit ist, alles um mich herum grünt und das Wetter noch nicht einmal ansatzweise so heiß ist wie in der Trockenzeit, dann kann ich nur hoffen, dass ich mich bis dahin vollkommen aklimatisiert habe…

Die Kinder im Waisenhaus sind sehr nett, umgänglich und schon extrem selbstständig. Alle holen von selbst Wasser vom nahegelegenen Brunnen, bringen die hauseigenen Kühe, Ziegen und Hühner am Morgen auf die Weide und am Abend in ihr Gehege (bis zum 13. September waren hier Schulferien, während der Schulzeit kümmert sich der Bruder des Pastors um das Vieh). Die Mädchen helfen zusätzlich beim Kochen. Wenn die Kleineren etwas nicht verstehen oder nicht wissen was sie zu tun haben, hilft meist eines der älteren Mädchen und erklärt oder übersetzt. Fürs Waschen und Kochen sowie zur Betreuung der Kinder sind zwei freundliche Damen zuständig, Madam Teni und Madam Vic. Als ich im Waisenhaus ankam lebten etwa 15 Kinder hier, wenn die Schule wieder richtig anfängt (die erste Woche wird traditionell zum Aufräumen und Reinigen des Schulgeländes genutzt), kommen wohl noch deutlich mehr Kinder ins TG-Cesco.

Die Kinder und ich beim Murmelspiel

Die Kinder und ich beim Murmelspiel

Als ich mich ein wenig eingelebt hatte, habe ich an den Pastor, seine Familie und die Kids kleine Gastgeschenke verteilt. Der Sack voller bunter Murmeln und die dazugehörigen Spielregeln kamen besonders gut an. Jeder wollte sofort mitspielen und auch einmal die hübschen Murmeln herumkullern und -springen lassen. In meiner Zeit im Waisenhaus spiele ich viel mit den Kindern, bringe ihnen ein wenig Deutsch bei und lerne dafür Taleni, oder kümmere mich um Organisatorisches. Wenn der Unterricht wieder losgeht, werde ich den Kids auch bei den Hausaufgaben helfen.

Am Samstag, 3. September, hat mich Isaac, mit 20 Jahren der jüngere Sohn des Pastors, mit auf die Beerdigung des Pastors aus dem Nachbardorf genommen und mir alles erklärt und gezeigt. Der verstorbene Pastor Errol wurde offenbar von einer Haushälterin und engen Bekannten vergiftet und soll auf dem Totenbett im Krankenhaus einen Fluch über die Frau gelegt haben. Seitdem, so sagt man hier, ist die Frau verrückt und nicht mehr bei klarem Verstand. Sie soll wirres Zeug reden und rastlos in der Gegend herumlaufen, ohne zu wissen, wo sie sich befindet. Zur  Beerdigung waren sehr viele Menschen aus der Umgebung anwesend. Es wurden Reden gehalten, in denen der frühzeitige Tod des Mannes beklagt und sein Leben und Wirken erläutert wurde. Getrauert wird hier allerdings ganz anders als in Deutschland. Wo man bei uns auf einer Beerdigung ausdruckslose Mienen, betreten zu Boden schauende Menschen oder leise schluchzende Angehörige zu Gesicht bekommt, erblickt man hier Frauen verschiedenster Altersstufen von der Jugendlichen bis hin zur Greisin, die sich auf dem Boden wälzen, schreien, weinen und lautstark ihrer Trauer Audruck verleihen.

Eingestürzte Kirche von Gbeogo, in der allerdings immernoch der Gottesdienst abgehalten wird

Eingestürzte Kirche von Gbeogo, in der allerdings immernoch der Gottesdienst abgehalten wird

Gegen Abend, als wir wieder zurück in Gbeogo waren und ich meinen ersten richtigen Sonnenbrand präsentieren konnte, liefen die Kids aus dem Waisenhaus gerade zur Kirche, um für den morgigen Gottesdienst Lieder einzuüben. Auch der allwächentliche Gottesdienst am Sonntag gestaltet sich deutlich anders als in Deutschland. Es wird viel und lauthals gesungen, getanzt, gelacht, mit erhobenen Armen in religiöse, tranceartige Zustände verfallen und „AMEN!“ sowie „Hallelujah!“ geschrieen. Mir allerdings als ungetauftem, lärmempfindlichen Europäer war das ganze zu hochheilig, zu langwierig und schlichtweg zu laut. Mal sehen, ob sich daran während meines Aufenthaltes noch etwas ändert.

Das TroTro von David, einem guten Freund und Bekannten

Das TroTro von David, einem guten Freund und Bekannten

Einige Tage später bin ich dann mit Isabell, dem Pastor, Isaac und Mercy, eines der Kinder in Teepalig, nach Bolga gefahren, um Mercys Ohr untersuchen zu lassen, das seit einiger Zeit schmerzt und manchmal blutet. Darüber hinaus galt es, für das Waisenhaus Essen einzukaufen. Nachdem Mercy im Krankenhaus untersucht und mit Medikamenten versorgt worden war, wurden Säcke- bzw. Körbeweise Reis, Tomatenmark, Salz, Zucker und Armani (kleine getrocknete Fische, die gemahlen als Gewürz in Speisen verwendet werden) eingekauft und nach Gbeogo gefahren. Zum Glück hat Isabell vor kurzem ein Auto für das Waisenhaus organisiert, denn per TroTro (Sammeltaxis ca. von der Größe eines VW-Kleinbusses, in denen zwischen 23 und 27 Personen Platz finden) waere das ganze Vorhaben deutlich aufwändiger und zeitraubender gewesen.

Isabell, Daniela und ich :)

Isabell, Daniela und ich 🙂

Für eine Woche wohnte kurzzeitig auch Daniela, eine weitere Freiwillige aus Deutschland, hier in Gbeogo. Heute, am Samstag den 17. September, ging es dann für sie nach Tamale in ihr eigenes Projekt, auch ein Waisenhaus, in dem sie etwa fünf Wochen arbeiten wird. Isabell, Daniela und ich haben uns sehr gut verstanden, wir saßen abends oft zusammen, redeten über die Vorkommnisse des Tages und erzählten aus unserem Leben. Gegenseitige Besuche der jeweiligen Projekte stehen in näherer Zunkunft auch noch an.

Impressionen der Tongo Hills zur Regenzeit

Impressionen der Tongo Hills zur Regenzeit

Während unserer gemeinsamen Woche in Gbeogo habe ich mit Isaac und Daniela eine Wandertour zu und auf die Tongo Hills gemacht, eine atemberaubend schöne Hügelformation in der Nähe von Gbeogo. In den Hills gibt es auch einige Schreine, an denen zu besonderen Anlässen Hühner, Ziegen oder gar Kühe geopfert werden, um die Götter des Schreines dazu zu bewegen, einen Wunsch zu erfüllen oder über die Familie zu wachen. Auf der heutigen Tour haben wir uns nur einen der kleineren Schreine angesehen, ich habe aber fest vor die Tongo Hills noch genauer zu erkunden.

Sonnenuntergang in Gbeogo

Sonnenuntergang in Gbeogo

Soviel zu den aktuellsten Neuigkeiten in und um Gbeogo und meinen Freiwilligendienst.

Um mein Wohlbefinden steht es übrigens sehr gut, nach anfänglichen Verdauungsproblemen sagt mir das Essen hier sehr zu, die Arbeit macht mir Spaß und die Leute sind nett. Bis jetzt habe ich neben ein paar Mosquitostichen (die sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht verhindern ließen) und kleineren Kratzern keinerlei Verletzungen, Krankheiten oder Ähnliches. Sorgen braucht sich also niemand zu machen.  😉

In diesem Sinne und bei bester Gesundheit schicke ich Grüße und Sonne aus Afrika an Familie und Freunde in Deutschland, alle anderen Freiwilligen (wo auch immer sie gerade sein mögen) und alle Besucher dieses Blogs.

Macht’s gut und bis in einem Jahr! (beziehungsweise bis zum nächsten Blogeintrag) 🙂

BrahMax/Raski/Makula/Soliminga/Obruni