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Boah krass ey, ich mach FSJ!

Katrin in Bad Bentheim an der deutsch-niederländischen Grenze

Willkommen am Ende Deutschlands – und mitten im Jugendslang.

Nach drei Wochen im Kinder- und Jugendheim kann ich von mir sagen: Was Jugendsprache angeht, bin ich auf dem aktuellsten Stand. Aber auch über die angesagtesten Fernsehsendungen unter Teenagern weiß ich Bescheid und das Spiel „Phase 10“ beherrsche ich nach 47mal spielen nun perfekt.

Neben der Freizeitbeschäftigung der Kinder und Jugendlichen bin ich dafür zuständig, dass Regeln, die für das Gruppenleben notwendig sind, auch eingehalten werden. Braucht ein Kind Unterstützung bei den Hausaufgaben oder einfach nur mal jemanden zum reden, so bin ich da. Einkäufe, Tisch decken und Essen richten sind Dinge, die die Jugendlichen mit meiner Hilfe erledigen. Kurz, ich begleite die Jugendlichen in ihrer Zeit in der Jugendhilfeeinrichtung im Alltag und versuche dabei zu beobachten, wie sich der Einzelne in bestimmten Situationen verhält, um hinterher im Team  zu beschließen, wie es mit dem Jugendlichen nach den drei Monaten Aufenthalt bei uns weiter geht. Dadurch, dass die Kinder und Jugendlichen nur für einen kurzen Zeitraum bei uns wohnen, lernen die anderen Mitarbeiter und ich viele Menschen und ihre Biografien kennen, was den Alltag spannend macht.

Sicher erscheint meine Tätigkeit von außen betrachtet unspektakulär, doch das tägliche Zusammenleben ist nicht immer  so leicht wie die Spielregeln von UNO. Jede und jeder der acht Jugendlichen, die ich derzeit mitbetreue bringt eine andere Geschichte und einen anderen Charakter in die Gruppe ein. Der Umgang mit äußerst zurückhaltenden und schüchternen Menschen einerseits und aggressiven, dreisten und provozierenden andererseits will geübt sein. Ein scheinbar ruhiger Tag kann innerhalb von wenigen Minuten zum Chaostag schlechthin werden, wenn zwei halbstarke Jungs sich um ein Mädchen streiten.

In solch einem Streit wird meine Rolle als Respektperson von den Jugendlichen immer wieder neu auf die Probe gestellt, was anstrengend ist. Glücklicherweise gibt es ein echt nettes und gut funktionierendes Team von Mitarbeitern im gesamten Heim, an die ich mich jederzeit wenden kann. Tatsächlich muss ich sagen, dass ich hier noch niemanden kennen gelernt habe, der nicht freundlich und hilfsbereit ist. Das erstaunt mich immer wieder aufs Neue!

Zu meiner geografischen und kulturellen Lage kann ich Folgendes berichten: Ich lebe immer noch in Deutschland, darum gibt’s hier natürlich auch typisch deutsche Steakhäuser, mehrere Autohäuser bekannter deutscher Automobilhersteller und den Supermarkt Aldi. Trotzdem ist ein niederländischer Einfluss nicht zu übersehen, schließlich liegt die Grenze auch nur 5 km ortsauswärts. So ist das Ortsschild nicht nur mit dem deutschen Namen beschriftet, sondern auch der niederländische Ortsname ziert das Schild. Restaurantkarten, Werbeplakate und Ausschreibungen sind grundsätzlich zweisprachig verfasst.

Katrin in Gildehaus

Wo anderenorts Frisörsalons und Blumenläden sind, gibt es hier Fahrräder zu kaufen, zu mieten und diverse Fahrradwerkstätten – Leihrad für die Dauer der Reparatur inklusive. Um die schicken Räder auszuführen, bieten sich kilometerlange Fahrradwege durch Felder und Wiesen an, ganz nach Geschmack der niederländischen Nachbarn – natürlich zweisprachig ausgeschildert.

Trotz dem allzeit präsenten niederländisch, gibt es wohl noch einige Menschen, die sich der niederländischen Sprache dennoch verweigern. Um dem nachzuhelfen empfängt man grundsätzlich nur niederländische Radiosender, so dass man selbst beim Bügeln verpflichtet ist, dem Nachbarland Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Aufmerksamkeit der Bürger wird auch immer wieder gefordert, wenn es ans Telefonieren mit einem Mobiltelefon geht. Denn das niederländische Handynetz ist durchaus auch einige Kilometer jenseits der Grenze noch vertreten, so dass man manchmal besser ans andere Ende des Raumes geht, um eine SMS in deutschem Netz zu versenden …

Trotz der niederländischen Einflüsse und dem manchmal turbulenten Arbeitsalltag habe ich mich hier schon etwas eingelebt und freue mich darauf im Laufe des nächsten Jahres noch viele neue Dinge zu entdecken und zu lernen 🙂

 

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